Nachhaltige Lackentwicklung durch digitale Technologien für den Klima - und Umweltschutz

Verbundprojekt gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

Förderaufruf „GreenTech“ - „Entwicklung digitaler Technologien“

Das Projekt

Rohstoffhersteller, Lackhersteller als auch lackverarbeitende Betriebe sammeln kontinuierlich Material- und Prozessdaten. Diese Daten werden stand heute jedoch nicht geteilt und nicht miteinander korreliert. Auch ist unklar, ob die derzeit gesammelten Daten die Erstellung von validen Vorhersagemodellen überhaupt ermöglichen. Durch die breite Aufstellung des Konsortiums im Projekt Na, Logisch kann eine mögliche Datenlücke geschlossen und valide Vorhersagemodelle erstellt werden. Die prinzipielle Machbarkeit hierzu haben die Partner PI Probaligence in Zusammenarbeit mit der FH Niederrhein schon im März 2022 demonstriert. Teilabschnitte einer Hochdurchsatzanlage wurden durch den Einsatz von KI optimiert.

Stand heute findet kein standardisierter Datenaustausch entlang der Wertschöpfungskette in der Lacktechnik statt, sodass die Grundlage für den Einsatz digitaler Technologien bislang in diesem Wirtschaftszweig grundsätzlich nicht oder nur bedingt gegeben ist. Ein „Trial and Error“ Prozess ist somit in der Lackentwicklung und -herstellung sowie in der Lackverarbeitung Stand der Technik. Dieser Prozess, der „Error“, führt in der Lackentwicklung und -herstellung zu vergleichsweise hohen Ausschussraten. So verzeichnen Lackhersteller 5 bis zu 30 Tonnen (Abhängig vom Produktionsvolumen) Lackabfälle pro Jahr. Komplexer, mehr als ein Rohstoff, Austäusche in diesen Formulierungen, ist in diesen Prozessen nahezu unmöglich bei gleicher Performance der Systeme. Hier entsteht ein enormer Formulierungsaufwand im Labor, welcher wegen der Ressourcenknappheit F&E Stunden oft nicht gestartet wird.

Ähnlich in der Lackverarbeitung; Lackierprozesse müssen eingestellt werden, und zwar solange bis das gewünschte Lackergebnis erreicht wird. Bei komplexen Lackieranlagen kann dieser Vorgang mehrere Monate in Anspruch nehmen. Die bis dahin hergestellten Bauteile werden als Ausschuss deklariert.

In der Arbeitspaketbeschreibung wird diese Wertschöpfungskette in zwei Abschnitte unterteilt. Die Wertschöpfungskette 1 bezieht sich auf die Lackformulierung sowie Lackherstellung. Die Wertschöpfungskette 2 bezieht sich auf den Bereich der Lackapplikation und die Korrelation mit dem Erscheinungsbild der lackierten Oberfläche.

Hierbei muss beachtet werden, dass Lackierprozesse besonders energieintensiv sind. Beispielsweise entfallen 40% des gesamten Primärenergiebedarfs in der Automobilproduktion auf den Bereich der Lackierung (Einbrennen). Verändert sich die Beschaffenheit oder die Zusammensetzung des Lackes über die Zeit, beispielsweise durch Regularien (REACH), ist, wenn man dem Lackentwicklungsprozess gemäß dem Stand der Technik folgt, mit Lackierfehlern und aufwendigen Einstellarbeiten an einer Lackieranlage zu rechnen. Ein digitaler Lack-Zwilling entsteht im Projekt Na, Logisch und hilft zukünftig Lacke effizient und mit wenigen Einstellversuchen zu applizieren. Die im Projekt Na, Logisch entwickelten digitalen Technologien sollen deutschen Lackherstellern und der lackverarbeitenden Industrie zugänglich gemacht werden. Lackhersteller können hierdurch deutschlandweit bis zu 2.000 Tonnen Lackabfälle vermeiden und digitale, smarte Lacke im Sinne eines digitalen Zwillings herstellen. Zusätzlich wird die Verwendung nachwachsender Rohstoffe ermöglicht und Entwicklungszeiten signifikant gekürzt. Die Lackverarbeitende Industrie nutzt die Vorhersagemodelle zukünftig zur Einstellung des Lackierprozesses und minimiert Ausschussraten. Das Projekt Na, Logisch legt darüber hinaus den technischen Grundstein für die Verwendung von nachhaltigen Lackrohstoffen, deren Materialeigenschaften zu starken Schwankungen neigen und ermöglicht die schnelle Anpassung bestehender Rezepturen unter Beibehaltung der Benchmarkqualität. Beispielsweise durch Regularien, z.B. CMR-Stoffe durch REACH.

Das Konsortium

Mankiewicz Gebr. & Co.

Die Firma Mankiewicz Gebr. & Co. ist mit rund 1.500 Mitarbeitern als international agierender Lackhersteller in den Märkten Automotive, Industrie, Luftfahrt, Bahn und Marine, sowie in der Medizintechnik tätigt. Investitionen in den Bereichen Forschung und Entwicklung, sowie Auslegung der Produktion nach neuesten Gesichtspunkten bilden die Grundlage für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung. Das Unternehmen verfolgt dabei eine nachhaltige Unternehmensstrategie, wobei die zukünftigen Anforderungen an den Umweltschutz nicht nur berücksichtigt werden, sondern darüber hinaus möchte das Unternehmen mithelfen, der globalen Verantwortung für eine gesunde Umwelt Rechnung zu tragen. Die wichtigen Anforderungen an moderne Lacksysteme sind Beständigkeitseigenschaften, ansprechende Oberflächen – verbunden mit der Forderung eines rationellen Lackierablaufes bei gleichzeitiger Berücksichtigung des Arbeits- und Umweltschutzes. Das ist die ständige Herausforderung, der sich die Firma Mankiewicz stellt um Lackierideen der Zukunft zu entwickeln. Dieses Knowhow bringt Mankiewicz auch in das Projekt Na, Logisch ein, die Anwendung von KI führt zu einer Steigerung der Effizienz in der Entwicklung unserer Lacke. Dies wiederum Beschleunigt den Einsatz neuer Rohstoffe in der Lackbranche und führt so zu nachhaltigeren und moderneren Produkten.

Fraunhofer IFAM

Das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) ist Europas größte Forschungseinrichtung für Kleb- und Oberflächentechnik. Die Mitarbeiter stammen aus den Bereichen Chemie, Physik, Werkstoffwissenschaften sowie Fertigungstechnik und Maschinenbau. Die Abteilung „Lacktechnik“ beschäftigt sich mit der Entwicklung und Prüfung neuer Lacksysteme im Rahmen öffentlich geförderten sowie Industrieprojekten. Dabei geht es um die Entwicklung von Richtrezepturen für neue Lackrohstoffe, die Qualifizierung von Beschichtungsmaterialien und -verfahren sowie die Unterstützung bei der Anwendung. Die Abteilung profitiert dabei von umfassender automatischer Applikations- und Messtechnik gemäß dem Stand der Technik sowie Kompetenzen im Bereich der Farbmetrik und Lackeigenschaften. Im Rahmen des Projekts bringt das Fraunhofer IFAM die Kompetenzen hinsichtlich Lackformulierung und Prüfung ein. Des Weiteren leitet das Fraunhofer IFAM die praktischen Versuche in einer Lackieranlage gemäß dem Stand der Technik. Diese Versuche dienen zur Gewinnung von Trainingsdaten für die KI und zur Validierung / Übertragung der digitalen Technologien in die industrielle Lackiertechnik.

Hochschule Niederrhein

Die Hochschule Niederrhein mit seinen Instituten ILOC und HIT bringt sowohl eine langjährige Erfahrung bei der Entwicklung und Optimierung von Lacksystemen als auch mit der Flexshuttle Anlage eine moderne, dem Stand der Technik entsprechende Automations- und Digitalisierungsexpertise in das Projekt ein. Ergänzt wird diese chemische Expertise durch Experten aus dem Kompetenzzentrum ISA wo industrienahe Automationslösungen im Fokus stehen. Als Partner im Bereich der Forschung und Entwicklung stehen die Hochschulexperten am Anfang der Wertschöpfungskette und werden die geplanten Arbeiten sowohl im Bereich der Lackchemie als auch bei der Entwicklung und Integration von in-situ Analysemethoden unterstützen. Die modular aufgebaute FlexShuttle Anlage dient dabei als Experimentierumfeld um sowohl nachhaltige Formulierungen zu entwickeln und zu optimieren als auch die optimale Integration von in-situ Messmethoden zu testen. Mit Experten aus verschiedenen Disziplinen (Lackchemie, Automation, Datenbaken und Modelle) stehen Ansprechpartner insbesondere an den verschiedenen Schnittstellen im Projekt zur Verfügung, die bei der praxisnahen Lösung der anstehenden Aufgaben mitarbeiten.

Füll Lab Automation GmbH

Firma Füll Lab Automation GmbH (vormals „Bosch Lab Systems“) zeichnet sich durch die Erfahrung in der Übertragung von Laborprozessen auf die Automation aus. Neben Standardmaschinen und -modulen entwickelt die Füll Lab Automation, auf Basis eines patentierten Dosier- und Formulierungsbehälters (BLS-Spritze), auch kundenspezifische Systeme. Mit über 15 Jahren Erfahrung (als „Bosch Lab Systems“) im Bereich Farben und Lacke begleitet die „Füll Lab“ die Branche schon lange. Wenn die Projektziele erreicht werden, geht Füll Lab Automation davon aus, dass mittelfristig bereits ausgelieferte Anlagen nachgerüstet und zusätzliche entsprechend ausgerüstete Hochdurchsatzsysteme oder Stand-Alone Lackier-Anlagen verkauft werden können. Langfristig wäre es dadurch möglich eine Umsatzsteigerung von 3 bis 5 Mio. € pro Jahr zu erreichen. Außerdem erwartet Füll Lab Automation, dass sich die Projektteilnahme positiv auf die Sichtbarkeit im Markt für Automatisierungslösungen auswirkt. Das im Projekt erarbeitete Knowhow unterstützt zusätzlich die Position von Füll Lab Automation, da der Kunde bei Füll Expertise zur Integration von State-of-the-art Technologien und KI in seine Automatisierungsvorhaben findet. Nicht zuletzt kann Füll Lab Automation davon profitieren, dass die Kunden mit Anlagen von Füll effektivere, wirtschaftlichere und daher nachhaltige Lösungen bekommen.

AOM Systems GmbH

Die AOM-Systems GmbH beschäftigt sich seit über 9 Jahren mit der Entwicklung und dem Vertrieb von Tropfen und Spray-Messgeräten. Die Firma hat sich seit dem einen exzellenten Ruf in der Industrie erworben und gilt als Innovationsführer im Bereich der Spray-Messtechnik. Direkte Konkurrenztechnologien zur Prozessüberwachung von Sprühprozessen sind nicht bekannt. Als Substitut können Schichtdickenmessgeräte angesehen werden, die aber für die Aufgabe in diesem Projekt nicht geeignet sind. Wenn das Projekt erfolgreich ist, rechnet AOM-Systems mit einem mittelfristig höheren Umsatz von ca. 250.000 € pro Jahr, durch den Verkauf der Messtechnologie, welche in den Hochdurchsatzanlagen oder andern Beschichtungsanlagen verbaut werden wird. Bei der Verwertung des Projektergebnisses fungiert AOM-Systems somit als Messtechnologie Zulieferer für Anlagenbauer (z.B. Füll Lab), welche die Messtechnologie nutzen müssen, um die KI-Modelle aus dem Projekt nutzen zu können. Die Strategie der Markterschließung ist folglich eine indirekte Vertriebsstrategie, in der man als kleine Firma von der Vertriebskraft der großen Partner im Projekt profitiert und als Zulieferer „mitverbaut“ wird. Daraus erwächst die Perspektive, sich auf die eigenen Stärken (Entwicklung von innovativer Messtechnologie) fokussieren zu können und trotzdem steigende Umsätze zu erwartet. Für das Projekt soll ein weiterer Mitarbeiter angestellt werden.

PI Probaligence GmbH

Die PI Probaligence GmbH entwickelt seit 2018 neue und innovative Verfahren des maschinellen Lernens (ML), der stochastischen Datenanalyse, der varianzbasierten Sensitivitätsanalyse, der adaptiven Versuchsplanung weiter, damit KI-basierte, digitale Zwillinge und Modellvalidierung für hochdimensionale, komplexe, nichtlineare Echtzeitmodelle, sowie zur Optimierung und Steigerung der Zuverlässigkeit von Produkt- und Materialentwicklungen realisiert werden können. Dafür liegen umfangreiche Erfahrungen aus mehrjährigen Forschungsprojekten der beteiligten Wissenschaftler in industriellen Anwendungsbereichen vor, insbesondere auch aus der Lackindustrie. Die Aufgaben der PI in dem Projekt Na, Logisch umfassen, das Anbinden der Datenbanken an die KI-Algorithmen, das Training der Vorhersagemodelle und dessen Nutzung zur Vorhersage der optimierten Prozess- und Formulierungsparameter unter Berücksichtigung möglicher Streuungen. Eine Evaluierung der Vorhersagemodelle ist ebenfalls vorgesehen, um ggf. notwendige Modellanpassungen oder Weiterentwicklungen der Algorithmen vorzunehmen. Es ist zu erwarten, dass eine erfolgreiche Umsetzung von Na, Logisch der PI Probaligence GmbH eine Marktführungsposition im Bereich KI-gestützter Lackentwicklung verschafft und somit Kompetenzen in der weiteren Automatisierung dieses Wirtschaftszweigs bündeln kann.

Projektleitung:
AOM-Systems GmbH
Benzstraße 4
64646 Heppenheim
Germany

mail: contact@aom-systems.com
tel.: +49(0) 6252 98090 75